Immobilienkauf durch Gesellschaften – Risiken verdeckter Treuhänderschaften

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Immobilienkauf durch Gesellschaften – Risiken verdeckter Treuhänderschaften
Einleitung
Der Erwerb von Immobilien über Gesellschaftsstrukturen ist in der Praxis weit verbreitet – von der GmbH über die Stiftung bis zur ausländischen Limited. Solche Konstruktionen können steuerlich und haftungsrechtlich Vorteile bieten, bergen jedoch erhebliche Transparenz- und Compliance-Risiken.
Besonders problematisch sind verdeckte Treuhandstrukturen, bei denen der wirtschaftlich Berechtigte nicht als Eigentümer im Grundbuch erscheint. Diese Modelle geraten zunehmend in den Fokus von Finanzaufsicht, Steuerfahndung und Geldwäscheaufsicht.
Der Beitrag beleuchtet die rechtlichen und steuerlichen Risiken solcher Konstruktionen, die Pflichten aus dem Geldwäschegesetz (GwG) und die zivilrechtlichen Konsequenzen bei Scheinerwerben – inklusive der aktuellen Rechtsprechung zur Treuhandtransparenz.
1. Zivilrechtliche Grundlagen der Treuhand
Eine Treuhandvereinbarung liegt vor, wenn der Treuhänder rechtlicher Eigentümer eines Vermögenswerts wird, diesen aber aufgrund eines schuldrechtlichen Vertrags ausschließlich im Interesse des Treugebers hält (§§ 164 ff. BGB analog).
Beim Immobilienerwerb bedeutet das: Der Treuhänder wird als Eigentümer im Grundbuch eingetragen, während der Treugeber wirtschaftlich über das Objekt verfügt. Diese Trennung ist grundsätzlich zulässig, sofern sie offen erfolgt und keine gesetzlichen Umgehungszwecke verfolgt werden.
Problematisch wird es, wenn:
- der Treuhandvertrag nicht offengelegt wird,
- der wirtschaftlich Berechtigte verschleiert wird (Verstoß gegen § 3 GwG),
- oder die Treuhand steuerlich missbräuchlich eingesetzt wird (§ 42 AO).
In solchen Fällen kann der Vertrag nichtig sein (§ 134 BGB), etwa wegen Verstoßes gegen geldwäscherechtliche Pflichten oder Steuerumgehungstatbestände.
2. Gesellschaftsrechtliche Risiken
Gesellschaften werden häufig genutzt, um Immobilien zu bündeln oder steuerlich zu optimieren – etwa in der Form einer GmbH & Co. KG, einer vermögensverwaltenden GmbH oder einer ausländischen Holdinggesellschaft.
Das Risiko liegt in der fehlenden wirtschaftlichen Identität zwischen Gesellschafter und Erwerber. Wird eine Gesellschaft als Käufer vorgeschoben, um den tatsächlichen Erwerber zu verschleiern, liegt ein sogenannter Scheinerwerb vor.
Ein solcher Scheinerwerb kann nach § 117 BGB nichtig sein, wenn die Gesellschaft nur zum Schein gegründet oder zwischengeschaltet wurde. Der BGH hat mehrfach entschieden, dass bereits die bloße Umgehung von Transparenzpflichten eine zivilrechtliche Nichtigkeit nach sich ziehen kann, wenn ein Gesetzesverstoß vorliegt (§ 134 BGB i. V. m. § 3 GwG).
3. Geldwäscheprävention und Transparenzregister
Nach dem Geldwäschegesetz (GwG) (§§ 10, 11, 19) sind Notare, Banken und Immobilienmakler verpflichtet, die wirtschaftlich Berechtigten von Gesellschaften offenzulegen.
Seit der 5. EU-Geldwäscherichtlinie (2018/843/EU) ist das Transparenzregister in Deutschland zu einem Vollregister geworden: Alle Gesellschaften, die Immobilien erwerben oder halten, müssen ihre wirtschaftlich Berechtigten angeben (§ 20 GwG).
Verstöße gegen die Meldepflicht führen zu Bußgeldern bis zu 150.000 € (§ 56 GwG) und können die Unwirksamkeit des Geschäfts zur Folge haben (§ 134 BGB).
Für den Immobilienerwerb gilt seit 2023 zusätzlich:
- Notare dürfen Kaufverträge nicht beurkunden, wenn der wirtschaftlich Berechtigte nicht offengelegt wurde (§ 10 Abs. 9 GwG).
- Auch ausländische Gesellschaften müssen sich im deutschen Transparenzregister eintragen, bevor sie Eigentum erwerben (§ 20 Abs. 1 GwG).
Damit ist die bisher verbreitete Praxis ausländischer „Treuhandgesellschaften“ in Zypern, Luxemburg oder Delaware de facto beendet.

4. Steuerrechtliche Risiken und Missbrauchsprüfung
Steuerlich werden Treuhandverhältnisse nach ihrem wirtschaftlichen Gehalt beurteilt (§ 39 AO). Das bedeutet: Eigentum im zivilrechtlichen Sinn ist irrelevant, wenn die tatsächliche Verfügungsmacht beim Treugeber liegt.
Die Finanzverwaltung prüft Treuhandmodelle regelmäßig auf Gestaltungsmissbrauch (§ 42 AO). Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine rechtliche Gestaltung gewählt wird, die dem wirtschaftlichen Ergebnis unangemessen ist und nur steuerliche Vorteile bezweckt.
Typische Risikofälle:
- Zwischenschaltung einer GmbH, um Grunderwerbsteuer zu vermeiden,
- Übertragung von Anteilen („Share Deals“) unterhalb der 90 %-Schwelle,
- Auslagerung auf ausländische Gesellschaften ohne wirtschaftliche Substanz.
Im Ergebnis kann das Finanzamt eine Durchgriffsbesteuerung vornehmen, also den tatsächlichen wirtschaftlichen Eigentümer direkt zur Steuer heranziehen.
5. Haftungsrisiken für Treuhänder und Gesellschafter
Der Treuhänder trägt erhebliche zivil- und steuerrechtliche Haftungsrisiken. Handelt er für einen unbekannten wirtschaftlichen Eigentümer, kann er:
- strafrechtlich nach § 261 StGB (Geldwäsche) verfolgt werden,
- haftungsrechtlich nach § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) oder § 823 BGB in Anspruch genommen werden,
- steuerlich als Haftungsschuldner nach § 69 AO herangezogen werden.
Auch der Notar kann haftbar sein, wenn er den wirtschaftlich Berechtigten nicht ordnungsgemäß identifiziert (§ 17 BeurkG i. V. m. § 10 GwG).
Beispiel:
Eine ausländische Gesellschaft erwirbt eine Immobilie in Berlin. Der wirtschaftlich Berechtigte bleibt unbekannt, da die Treuhandstruktur über mehrere Holdings verschachtelt ist. Das Transparenzregister wird nicht aktualisiert. Das Finanzamt ordnet eine Kontensperrung wegen Geldwäscheverdachts an, die Bank verweigert die Auszahlung – der Kaufvertrag wird rückabgewickelt.
6. Treuhand und Geldwäscheverdacht – Meldepflichten
Notare, Makler und Banken sind Verpflichtete nach § 2 GwG und müssen bei Verdachtsmomenten eine Verdachtsmeldung an die FIU (Financial Intelligence Unit) abgeben (§ 43 GwG).
Ein Verdacht liegt insbesondere vor, wenn:
- der Erwerber den wirtschaftlich Berechtigten nicht offenlegt,
- auffällige Zahlungswege (z. B. Kryptowährungen, Drittstaatenkonten) verwendet werden,
- Kaufpreis und wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht zueinander passen.
Wird die Meldung unterlassen, drohen Bußgelder bis zu einer Million Euro (§ 56 Abs. 2 GwG). Gleichzeitig schützt eine rechtzeitige Meldung den Notar oder Makler vor Haftung (§ 44 GwG).
Die FIU meldete allein 2024 über 30.000 Immobilienbezogene Verdachtsfälle – Tendenz steigend. Besonders auffällig sind Luxemburgische, Liechtensteiner und britische LLP-Strukturen, die zur Verschleierung genutzt werden.
7. Internationales Privatrecht und Compliance-Pflichten
Internationale Immobilientransaktionen mit Gesellschaften unterliegen zusätzlich dem Art. 46 EGBGB, wonach sich die Eigentumsordnung nach dem Belegenheitsstaat richtet.
Auch wenn der Käufer eine ausländische Gesellschaft ist, gelten für den Grundstückserwerb in Deutschland:
- die Vorschriften des BGB,
- die Identifizierungspflichten nach GwG,
- und die steuerlichen Vorschriften nach deutschem Recht.
Die Bestellung eines deutschen Treuhand- oder Nominee-Directors entbindet nicht von den Offenlegungspflichten. Nach der Rechtsprechung des OLG Frankfurt (Beschl. v. 15. 06. 2023 – 20 W 56/23) kann eine Gesellschaft, die ihren wirtschaftlich Berechtigten nicht benennt, nicht als Eigentümerin eingetragen werden.
Compliance verlangt daher:
- Offenlegung der Beteiligungsstruktur,
- Nachweis der Mittelherkunft (§ 10 GwG),
- und ggf. notarielle Erklärung über die wirtschaftliche Berechtigung.
8. Gestaltungsempfehlungen für Gesellschaftsmodelle
Um rechtssicher Immobilien über Gesellschaften zu erwerben, sollten folgende Grundsätze beachtet werden:
- Transparenz der Struktur:
Jeder Anteilseigner und Treugeber muss benannt und im Transparenzregister eingetragen sein. - Substanz und Zweck:
Gesellschaften dürfen nicht nur als „Vehikel“ dienen. Eine tatsächliche wirtschaftliche Tätigkeit muss nachweisbar sein. - Treuhandvertrag offenlegen:
Der Treuhandvertrag sollte notariell beurkundet und bei der Beurkundung des Kaufvertrags offengelegt werden. - Steuerliche Prüfung:
Die steuerliche Bewertung der Struktur muss vor Erwerb erfolgen – insbesondere hinsichtlich Grunderwerbsteuer und Betriebsaufspaltung. - KYC- und GwG-Compliance:
Banken und Notare sollten standardisierte Prüfprozesse etablieren, um Geldwäscheverdacht zu vermeiden. - Vermeidung von Scheingeschäften:
Jede Form von Treuhandkonstruktion, die allein der Umgehung von Steuer- oder Offenlegungspflichten dient, ist nach § 134 BGB nichtig.

9. Fazit
Der Immobilienkauf über Gesellschaften ist ein legitimes, aber hochreguliertes Instrument. Die rechtlichen und wirtschaftlichen Vorteile – etwa Haftungsbegrenzung und steuerliche Planung – verlieren ihre Wirkung, sobald Transparenzpflichten verletzt oder Treuhandkonstruktionen verschleiert werden.
Die Behörden haben die Kontrolle über wirtschaftlich Berechtigte deutlich verschärft. Verstöße gegen das GwG führen nicht nur zu Bußgeldern, sondern gefährden die Grundbucheintragung und Wirksamkeit des Kaufvertrags.
Unternehmen, Investoren und Berater müssen daher auf vollständige Offenlegung, klare Vertragsstrukturen und rechtssichere Dokumentation achten. Nur so bleibt der Gesellschaftserwerb von Immobilien ein strategisches und zugleich rechtssicheres Instrument.
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