Energetische Sanierung und Modernisierungspflichten – Eigentümer im Spannungsfeld von GEG und WEG

Juristische Expertise
- Cybercrime & Krypto-Betrug
- AI & Zukunftsrecht
- Steuerrecht & Steuerstrafrecht
- Gesellschaftsrecht, Immobilienrecht & Zivilrecht
- Datenschutz & Digitalrecht
Energetische Sanierung und Modernisierungspflichten – Eigentümer im Spannungsfeld von GEG und WEG
Einleitung
Die energetische Sanierung von Gebäuden ist längst nicht mehr nur eine Frage ökologischer Verantwortung, sondern eine gesetzliche Pflicht. Mit dem Gebäudeenergiegesetz (GEG) und den Vorgaben zur Modernisierung im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) steht die Eigentümergemeinschaft vor einer komplexen Herausforderung: Einerseits verlangt der Gesetzgeber den klimaneutralen Umbau des Gebäudebestands, andererseits müssen Beschlüsse in der WEG einstimmig oder mit qualifizierter Mehrheit gefasst und finanziert werden.
Die Praxis zeigt: Zwischen den Pflichten aus dem GEG und den Rechten der Wohnungseigentümer entstehen immer häufiger Haftungsfragen und Streitigkeiten – insbesondere über Zuständigkeiten, Kostenverteilung und Fördermittel. Der folgende Beitrag beleuchtet die rechtlichen Grundlagen, die steuerlichen Anreize sowie die praktischen Risiken für Eigentümer und Verwalter.
1. Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG)
Das GEG (in Kraft seit 1. November 2020, zuletzt novelliert 2024) führt die Regelungen der EnEV, des EEWärmeG und des EnEG zusammen. Ziel ist die Verbesserung der Energieeffizienz von Bestandsgebäuden und die Reduktion fossiler Energieträger.
Zu den zentralen Pflichten zählen:
- die Nutzung erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung (§§ 34 ff. GEG),
- die Nachrüstung veralteter Heizungsanlagen (§ 72 GEG),
- und die Einhaltung von Dämmstandards bei Erneuerung von Dach, Fassade oder Fenstern (§§ 47 ff. GEG).
Nach § 72 Abs. 1 GEG müssen Heizungen, die vor 1991 eingebaut wurden und keine Niedertemperatur- oder Brennwerttechnik aufweisen, ersetzt werden. Eigentümer, die dieser Pflicht nicht nachkommen, begehen eine Ordnungswidrigkeit (§ 108 GEG) und riskieren Bußgelder bis 50.000 €.
Fördermittel können über die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG EM) beantragt werden. Sie decken bis zu 70 % der Kosten für den Austausch ineffizienter Heizungen und bis zu 20 % für sonstige Sanierungsmaßnahmen (IWW Institut 2024).
2. Steuerliche Förderung energetischer Maßnahmen
Neben Zuschüssen bietet § 35c EStG Eigentümern steuerliche Erleichterungen für energetische Maßnahmen an selbst genutzten Wohngebäuden. Absetzbar sind 20 % der Aufwendungen (maximal 40.000 € pro Objekt) über drei Jahre.
Voraussetzung ist eine Bescheinigung des Fachunternehmens (§ 35c Abs. 1 S. 7 EStG i. V. m. § 88 GEG). Das BMF-Schreiben vom 8. März 2023 (BStBl I S. 218) konkretisiert, dass nur Personen mit entsprechender Ausstellungsberechtigung (z. B. Energieberater, Bauingenieure) eine gültige Bescheinigung erteilen dürfen.
Die steuerliche Förderung kann auch mit Zuschüssen kombiniert werden, sofern keine Doppelförderung erfolgt. Gerade bei WEG-Projekten empfiehlt sich eine Abstimmung mit Steuerberater und Hausverwaltung, da die Abzugsberechtigung regelmäßig auf die einzelnen Eigentümer entfällt.
3. Fördermöglichkeiten und praktische Umsetzung
Die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) wird über die KfW und das BAFA abgewickelt. Für Wohnungseigentümergemeinschaften bestehen grundsätzlich dieselben Fördervoraussetzungen wie für Einzeleigentümer (§ 2 BEG EM).
Die Besonderheit: WEG müssen einen gemeinsamen Antrag stellen, vertreten durch den Verwalter (§ 9b Abs. 1 WEG). Das führt in der Praxis häufig zu Verzögerungen, da die Antragstellung nur nach einem gültigen Eigentümerbeschluss erfolgen darf.
Zu beachten sind:
- Förderhöhe: bis 70 % bei Heizungsmodernisierung, 15–20 % bei Dämmung oder Fenstererneuerung,
- Antragstellung: vor Beginn der Maßnahme,
- Nachweisführung: Energieberater-Bestätigung erforderlich (§ 88 GEG).
Die Verwaltungspflicht umfasst auch die Beantragung und ordnungsgemäße Verwendung der Fördermittel. Unterlassungen können als Pflichtverletzung des Verwalters gewertet werden (Peters 2025).

4. Umsetzung in der Wohnungseigentümergemeinschaft
Nach § 20 WEG gilt die energetische Sanierung als privilegierte Maßnahme, die mit einfacher Mehrheit beschlossen werden kann, sofern sie dem Energieeinsparungszweck dient. Die Kosten tragen grundsätzlich die Eigentümer nach Miteigentumsanteilen (§ 21 Abs. 2 WEG).
In der Praxis bestehen jedoch Konflikte über:
- die Verteilung von Kosten und Fördermitteln,
- die Finanzierung gemeinschaftlicher Maßnahmen,
- die Abgrenzung zwischen Instandhaltung und Modernisierung.
Gemäß Kaßler (ZWE 2024) können Beschlüsse über Heizungsumrüstungen oder Dämmmaßnahmen angefochten werden, wenn keine ausreichende Information über Fördermöglichkeiten oder Kostenverteilung erfolgte. Der Verwalter ist verpflichtet, die Eigentümer umfassend zu informieren und die Einhaltung der gesetzlichen Pflichten zu überwachen (§ 27 WEG).
5. Haftung von Eigentümern und Verwaltern
Verstöße gegen das GEG können Bußgelder und Schadensersatzforderungen auslösen. Eigentümer, die Sanierungspflichten ignorieren oder verzögern, haften gegenüber der Gemeinschaft und den Behörden (§ 108 GEG).
Auch Verwalter tragen Verantwortung: Unterlassen sie die Einholung von Angeboten, die Information über Fördermöglichkeiten oder die fristgerechte Umsetzung gesetzlicher Pflichten, kann eine Verwalterhaftung nach § 27 Abs. 1 Nr. 2 WEG i. V. m. § 280 BGB** entstehen.**
Gerade bei der Umsetzung von Nachrüstpflichten (§ 72 GEG) oder der Koordination von Förderanträgen gilt die Sorgfaltspflicht des Verwalters. Wird ein Bußgeld gegen die Gemeinschaft verhängt, kann diese Regress beim Verwalter nehmen, sofern dessen Pflichtverletzung kausal war (Peters 2025).
6. Wirtschaftliche Belastung und Finanzierung
Die Umsetzung energetischer Sanierungen stellt viele Gemeinschaften finanziell vor Herausforderungen. Nach § 16 Abs. 2 WEG sind die Kosten nach Miteigentumsanteilen zu tragen – auch von Eigentümern, die der Maßnahme nicht zugestimmt haben.
Zur Abfederung können genutzt werden:
- KfW-Kredite mit Tilgungszuschuss,
- Steuerermäßigungen nach § 35c EStG,
- kommunale Zuschüsse.
Die Kombination dieser Instrumente ist möglich, erfordert jedoch genaue Planung und Nachweisführung. Eigentümer sollten prüfen, ob die Maßnahmen den Gebäudewert nachhaltig steigern und damit langfristig refinanzierbar sind.
Nach Göbel (2024) können energetische Sanierungen den Marktwert einer Wohnung um 5–15 % erhöhen, wenn der Energieausweis verbessert wird. Eine professionelle Kosten-Nutzen-Analyse vor Beschlussfassung ist daher unerlässlich.
7. Verfassungsrechtliche Dimension
Die Verfassungsmäßigkeit des GEG wird seit 2024 zunehmend diskutiert. Kritiker (Knauthe 2024) sehen in den weitreichenden Sanierungspflichten einen Eingriff in die Eigentumsgarantie des Art. 14 GG. Der Gesetzgeber begründet die Maßnahmen mit dem Klimaschutzgebot des Art. 20a GG.
Das Spannungsverhältnis zwischen individueller Eigentumsfreiheit und gesamtgesellschaftlicher Klimapflicht dürfte in den kommenden Jahren die verfassungsgerichtliche Praxis prägen. Für Wohnungseigentümer ist entscheidend, dass sie ihre Pflichten kennen, um Bußgelder und Schadensersatzforderungen zu vermeiden – unabhängig von der politischen Debatte um die Verfassungsmäßigkeit.

8. Fazit
Die energetische Sanierung im WEG-Kontext ist ein juristisch und organisatorisch anspruchsvoller Prozess. Eigentümer müssen nicht nur die Vorgaben des GEG einhalten, sondern auch die Beschlussmechanismen und Kostenverteilungen des WEG beachten.
Für Verwalter bedeutet dies eine gesteigerte Verantwortung: Sie müssen rechtzeitig informieren, Fördermittel prüfen und gesetzliche Fristen überwachen. Die Kombination aus GEG-Pflichten, steuerlichen Vorteilen und Fördermitteln bietet Chancen, erfordert aber präzise rechtliche Steuerung.
Wer frühzeitig plant, profitiert doppelt – durch geringere Energiekosten, steigende Immobilienwerte und eine stabile rechtliche Position. Fehler in der Beschlussfassung oder Nachlässigkeit bei Pflichten können dagegen teuer werden.
📞 Kontakt:Bei Fragen zur energetischen Sanierung, Fördermittelbeantragung oder GEG-Pflichtberatung vertreten wir Sie bundesweit.www.hortmannlaw.com/contact
🔗 Weiterführende Artikel bei Hortmann Law
- Grundschuld und Sicherungsabrede – Haftungsrisiken bei Mehrfachverwertung
- Erbbaurecht und Heimfallklauseln – Rechte der Erwerber bei Altverträgen
- Wohnrecht und Nießbrauch – Streit um Bewertung, Löschung und steuerliche Folgen
- Teilungserklärung und Sondernutzungsrecht – Haftung bei fehlerhafter Zuordnung
- Bauzeitverzögerung im Bauträgervertrag – Schadensersatz und Nachfristsetzung
- Energetische Sanierung und Modernisierungspflichten – Eigentümer im Spannungsfeld von GEG und WEG
- Dingliche Vorkaufsrechte – Strategische Gestaltung und Grundbuchkonflikte
- Immobilienkauf durch Gesellschaften – Risiken verdeckter Treuhänderschaften
- Maklercourtage und Online-Verbraucherverträge – Widerrufsrisiken und Nachweisprobleme
- Wohnungsmodernisierung im WEG – Abgrenzung zu Instandhaltung und Anfechtungsrisiken
🏘️ WEG- & Mietrechtliche Vertiefung
- WEG-Beschlüsse anfechten – Wann Eigentümer erfolgreich sind
- Verwalterhaftung und Compliance im WEG-Recht
- Sonderumlagen und Instandhaltungsrücklagen im WEG-Recht
- Digitalisierung und Datenschutz in der WEG
Schriftform (Gewerbemietrecht) – gesamter Block
- Schriftform – Gewerbemietvertrag § 550 BGB
- Schriftform – Mietgegenstand und Flächenpläne
- Schriftform – Nachträge und Formverstöße
- Schriftform-Indexklausel und digitale Änderung
- Schriftform – Bauträger und Anlagenchaos
- Schriftform – Vertretungsmacht und Signaturfehler
- Schriftform – Kündigung und Verstöße
- Schriftform – Heilung und Verwirkung
- Schriftform – Vertragsketten und Mehrparteien
- Schriftform – Digitalisierung und eSignatur
- Schriftform – Due Diligence und Audit
- Schriftformprozess – Beweislast und Taktik
- Schriftform – Haftung von Architekten und Verwaltern
- Schriftformprüfung – Kanzlei und Audit
- Schriftformverstöße – Verhandlungstaktik
🏡 Grundstück & Bau
- Nachbarrechtlicher Widerspruch gegen die Baugenehmigung – Rechte und Fristen
- Abstandsflächen und Grenzbebauung – Konflikte unter Nachbarn vermeiden
- Schwarzbau und Nutzungsuntersagung – Wenn ohne Genehmigung gebaut wird
- Baugenehmigung für Balkon oder Dachterrasse – Wenn Nachbarn Einspruch erheben
- Eilrechtsschutz im Baurecht – Baustopp durch einstweilige Anordnung
- Bestandschutz und Bestandsschutzverlust – Alte Gebäude unter Druck
- Immissionsschutzrecht im Nachbarschaftsstreit – Wenn Lärm zur Rechtsfrage wird
- Bauvorbescheid und Bauvoranfrage – Frühe Klarheit für Bauherren
- Rücknahme oder Widerruf der Baugenehmigung – Wann die Behörde eingreift
- Haftung bei Bauarbeiten zwischen Nachbarn – Wenn der Aushub Schäden verursacht
💼 Gesellschaft & Steuern im Immobilienkontext
- Immobilien im Gesellschaftsrecht – Einlage, Nutzung durch Gesellschafter und steuerliche Risiken
- Corporate Real Estate – Sale-and-Leaseback, Umstrukturierungen, Portfoliooptimierung und Haftungsrisiken
- Immobilien und Steuerrecht – Erhaltungsaufwand, 15 %-Grenze und Steuertipps
- Steuerfalle Nießbrauch – Warum Schenkungen oft teuer enden
- Verdeckte Schenkung beim Immobilienkauf – Wenn das Finanzamt doppelt kassiert
Das könnte Sie auch interessieren
Entdecken Sie weitere Beiträge zu aktuellen Themen rund um Digitalrecht, Cybercrime, Datenschutz, KI und Steuerrecht. Unsere verwandten Artikel geben Ihnen zusätzliche Einblicke und vertiefende Analysen.

.jpg)
Die digitale Aktie 2025: Anwalt erklärt Tokenisierung, eWpG, MiCA-Abgrenzung & Kapitalmarktpflichten
Digitale Aktien und Security Tokens werden durch eWpG, MiFID II und technische Registersysteme zu vollwertigen Kapitalmarktinstrumenten. Dieser Aufsatz zeigt Startups und Emittenten, wie Tokenisierung funktioniert, wie Security Tokens von MiCA-Kryptoassets abzugrenzen sind und welche Chancen, Risiken und Compliance-Pflichten damit verbunden sind.

.jpg)
Krypto Betrug, Anlagebetrug & Love Scam – Domatik Transaktionsmuster, Haftung Bank und Wege zum Geld zurück (Teil 1 der Muster-Serie)
Transaktionsmuster gehören zu den zentralen juristischen Nachweispunkten im Krypto Betrug. Banken müssen auffällige, atypische oder risikobehaftete Zahlungsabläufe erkennen, prüfen und gegebenenfalls stoppen. Wenn diese Pflicht verletzt wird, kann die Bank trotz TAN-Eingaben oder Kundenbestätigungen haften. Dieser Artikel erklärt, wie Transaktionsmuster technisch entstehen, wie sie forensisch gesichert werden und warum sie bei Krypto Betrug, Anlagebetrug und Love Scam die stärksten Hebel für Schadensersatz und „Geld zurück“-Ansprüche gegen Banken und Zahlungsdienstleister sind.

.jpg)
Nachbarschaftsstreitigkeiten beilegen – Mediation und gerichtliche Wege - Anwalt hilft
Bevor der Konflikt eskaliert, lohnt sich Mediation. Der Beitrag zeigt außergerichtliche Lösungswege, wann Klage sinnvoll ist und wie gerichtliche Vergleiche Kosten sparen.
Suchen Sie dringend diskrete, juristische Unterstüzung?
Wir helfen Ihnen gerne persönlich weiter – schildern Sie uns Ihr Anliegen und wir finden gemeinsam eine Lösung.