
Auflösung einer Stiftung: Voraussetzungen, Verfahren und Folgen. Wenn die Stiftung ihr Ziel nicht mehr erreicht: Die Auflösung einer Stiftung ist der Ausnahmefall im deutschen Stiftungsrecht. Stiftungen sind per definitionem auf Dauer angelegt. Dennoch sieht das Gesetz ausdrücklich Möglichkeiten vor, eine Stiftung aufzulösen, wenn ihr Zweck nicht mehr dauerhaft erfüllt werden kann, oder andere zwingende Auflösungsgründe vorliegen. Seit der Stiftungsrechtsreform 2023 sind die Voraussetzungen für die Auflösung, das Verfahren und die Folgen bundesweit einheitlich in den §§ 87 bis 87d BGB geregelt. Dieser Beitrag erklärt, wann und wie eine Stiftung wirksam beendet werden kann, und was dabei rechtlich und steuerlich zu beachten ist.
1. Zulässige Auflösungsgründe
a) Unmöglichkeit der Zweckerfüllung
Die wichtigste gesetzlich anerkannte Auflösungsgrundlage ist die nachhaltige Unmöglichkeit, den Stiftungszweck zu erfüllen (§ 87 Abs. 1 BGB). Beispiele:
- Der Zweck ist durch technischen, sozialen oder rechtlichen Wandel dauerhaft nicht mehr erreichbar.
- Das Stiftungsvermögen reicht objektiv nicht mehr aus, um den Zweck sinnvoll zu verwirklichen.
- Die Zielgruppe oder Problemlage existiert nicht mehr.
b) Gemeinwohlgefährdung
Ist der ursprüngliche Stiftungszweck mit dem heutigen Gemeinwohl unvereinbar (z. B. extremistische Inhalte, Diskriminierung), kann dies eine behördliche Auflösung rechtfertigen.
c) Zeitablauf / Befristung
Verbrauchsstiftungen enden automatisch mit Ablauf der vorgesehenen Zeit (§ 87 Abs. 2 BGB). Die Stiftung erlischt ohne gesonderten Auflösungsbeschluss.
d) Insolvenz / Vermögenslosigkeit
Ist das Stiftungsvermögen aufgebraucht oder wird ein Insolvenzverfahren eröffnet, wird die Stiftung von Rechts wegen aufgelöst (§ 87b BGB).
2. Zuständigkeit und Verfahren
a) Organschaftliche Auflösung
Der Auflösungsbeschluss wird grundsätzlich vom zuständigen Organ gefasst (in der Regel der Stiftungsvorstand). Die Satzung kann abweichende Regelungen enthalten.
b) Genehmigungspflicht
Jede Auflösung bedarf der Genehmigung der zuständigen Stiftungsbehörde (§ 87 Abs. 3 BGB). Diese prüft insbesondere:
- Liegt ein gesetzlicher Auflösungsgrund vor?
- Ist der Stifterwille beachtet worden?
- Gibt es Alternativen (z. B. Zweckänderung, Zusammenlegung)?
c) Behördliche Aufhebung
In Ausnahmefällen kann die Aufsichtsbehörde die Stiftung selbst aufheben, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind (§ 87a BGB). Dies betrifft z. B. Fälle grober Zweckverfehlung, Rechtsverstoß oder massiver Pflichtverletzungen der Organe.
3. Vermögensanfall und Liquidation
a) Abwicklung durch Liquidatoren
Nach der Genehmigung beginnt die Liquidationsphase: Die Stiftung wird abgewickelt, laufende Verträge beendet, Vermögen veräußert. Die Satzung bestimmt in der Regel, wer die Liquidation durchführt (meist der Vorstand).
b) Vermögensbindung bei gemeinnützigen Stiftungen
Bei gemeinnützigen Stiftungen ist das Restvermögen zwingend einem anderen steuerbegünstigten Zweck zuzuführen (§ 55 Abs. 1 Nr. 4 AO). Eine private Rückührung oder Verteilung an Begünstigte ist ausgeschlossen.
c) Fiskus als Auffangempfänger
Wenn die Satzung keinen Anfallberechtigten bestimmt, fällt das verbleibende Vermögen an das Bundesland, in dem die Stiftung ihren Sitz hatte (§ 87c BGB). Dies gilt auch, wenn der vorgesehene Empfänger nicht (mehr) gemeinnützig ist.
4. Rechtliche Folgen der Auflösung
- Die Stiftung verliert mit Abschluss der Liquidation ihre Rechtsfähigkeit.
- Offene Verpflichtungen müssen vorher beglichen werden (analog Vereinsrecht, §§ 49 ff. BGB).
- Die Stiftungsaufsicht überwacht den Vorgang bis zur vollständigen Abwicklung.
5. Rechtsschutz und Alternativen zur Auflösung
a) Rechtsmittel gegen Aufhebung
Destinatäre oder sonstige Betroffene können gegen die behördliche Auflösung Rechtsmittel einlegen. Voraussetzung: nachweisbare eigene Rechtsbeeinträchtigung.
b) Zweckänderung / Zusammenlegung
Eine Auflösung ist ultima ratio. Zuvor ist zu prüfen, ob:
- der Zweck angepasst werden kann (§ 85 BGB)
- eine Zusammenlegung mit anderer Stiftung sinnvoll ist (§§ 86 ff. BGB)
FAQs zur Auflösung von Stiftungen
Wann kann ich eine Stiftung freiwillig auflösen?
Nur bei nachhaltiger Zweckunmöglichkeit oder Ablauf der Stiftungsdauer. Die bloße Motivation des Stifters reicht nicht.
Was passiert mit dem Vermögen der Stiftung?
Es fällt an den in der Satzung genannten Anfallberechtigten. Bei gemeinnützigen Stiftungen nur für gemeinnützige Zwecke.
Kann der Staat die Stiftung gegen meinen Willen auflösen?
Ja, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen nach § 87a BGB vorliegen.
Gibt es Alternativen zur Auflösung?
Ja: Zweckänderung, Zusammenlegung oder Umwandlung in Verbrauchsstiftung können sinnvoller sein.
Die Auflösung einer Stiftung ist ein tiefer Eingriff in den Stifterwillen. Bevor Sie diesen Schritt gehen müssen, prüfen wir mit Ihnen, ob alternative Lösungen bestehen. Und wenn die Auflösung unvermeidbar ist, sorgen wir für eine rechtssichere Abwicklung und Wahrung Ihrer Interessen.
-Stiftungsatzung gestalten
-Gemeinnützige vs. privatnützige (Familien-)Stiftung
-Arten von Stiftungen
-Steuerliche Vorteile gemeinnütziger Stiftungen
–Anerkennung der Gemeinnützigkeit einer Stiftung
-Stiftungssatzung und Steuer
-Vermögensbindung in der Stiftungssatzung
-Stiftungsorgane und Aufsicht
-Stiftung zu Lebzeiten vs. Stiftung von Todes
-Rechtsfähige vs. treuhänderische Stiftung
-Stiftungen und Unternehmensnachfolge