Krypto-Betrug und Rückzahlung – steuerliche Behandlung von Recovery-Geldern
Verfasst von
Max Hortmann
03 Nov 2025
•
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Krypto-Betrug und Rückzahlung – steuerliche Behandlung von Recovery-Geldern
Krypto-Betrug und Steuerrecht: Wenn Rückzahlungen neue Fragen aufwerfen
Rückzahlungen nach Krypto-Betrug sorgen für Unsicherheit: Sind sie steuerpflichtig, steuerneutral oder gar ein neues Risiko? Gerade im Zusammenhang mit sogenannten Recovery Scams und den EU-Regelungen DAC7/DAC8 wird die steuerliche Einordnung komplex.
Dieser Beitrag erklärt, wie Rückzahlungen, Schadensersatz und Selbstanzeigen steuerlich richtig bewertet werden – und welche Fehler Betroffene unbedingt vermeiden sollten.
Kryptowährungen als steuerpflichtige Wirtschaftsgüter
Kryptowährungen gelten in Deutschland als immaterielle Wirtschaftsgüter. Gewinne aus deren Verkauf unterliegen der Einkommensteuer, wenn die Haltefrist unter zwölf Monaten liegt. Verluste aus Betrug oder Wallet-Diebstahl gelten jedoch nicht automatisch als steuerlich abzugsfähig.
Das bedeutet: Wer Coins durch Betrug verliert, erleidet zwar einen wirtschaftlichen Schaden, aber keinen steuerrechtlich anerkannten Veräußerungsverlust. Erst bei einem tatsächlichen Rückfluss – also bei nachweislich erhaltenem Geld oder Token – entsteht steuerliche Relevanz.
Diese Grundregel bildet die Basis jeder steuerlichen Bewertung von Rückzahlungen nach Krypto-Betrug.
Verlustverrechnung bei Krypto-Betrug: Grenzen nach § 20 Abs. 6 EStG
Der Fiskus erlaubt nur eingeschränkte Verlustverrechnung. Verluste aus uneinbringlichen Kapitalforderungen – also typischen Betrugsfällen – dürfen pro Jahr nur bis 20 000 € mit Kapitalerträgen verrechnet werden. Nicht genutzte Verluste können vorgetragen werden, bleiben aber an dieselbe Obergrenze gebunden.
Wer durch Krypto-Betrug mehr verloren hat, kann also steuerlich nur einen kleinen Teil berücksichtigen. Eine Rückzahlung oder Erstattung kann diesen Verlust rechnerisch mindern – sie muss aber in der Steuererklärung angegeben werden, um Doppelverrechnungen zu vermeiden.
Nicht jede Rückzahlung ist steuerfrei. Die entscheidende Frage lautet: Handelt es sich um Schadensersatz (nicht steuerbar) oder um eine neue Einnahme (steuerpflichtig)?
Schadensersatzleistungen sind steuerneutral, da sie lediglich den ursprünglichen Vermögenszustand wiederherstellen.
Neue Einkünfte, etwa aus Vergleichen, können steuerpflichtig sein, wenn sie wirtschaftlich einem Gewinn gleichkommen.
Bei echten Rückzahlungen von Plattformen oder Ermittlungsbehörden liegt regelmäßig kein steuerpflichtiger Zufluss vor. Bei privaten Vereinbarungen oder Vergleichszahlungen kann dagegen eine nachträgliche Einkunft entstehen.
Recovery Scams: Keine steuerliche Rückzahlung, sondern erneuter Verlust
Zahlreiche Betrüger geben sich als „Recovery-Agenturen“ oder „Crypto Task Force“ aus und fordern Gebühren für angebliche Rückbuchungen. Diese Zahlungen stellen keine echten Rückflüsse dar und sind daher steuerlich irrelevant – sie erhöhen lediglich den Vermögensschaden.
Solche Fake-Rückzahlungen dürfen nicht als Einnahmen oder Verluste deklariert werden. Juristisch liegt kein steuerbarer Vorgang, sondern ein fortgesetzter Betrug vor.
Tipp: Verdächtige Mails mit Begriffen wie „Gas Fee“, „Tax Clearance“ oder „Unlock Payment“ sollten archiviert und der Finanzaufsicht gemeldet werden.
Selbstanzeige bei nicht erklärten Krypto-Gewinnen
Viele Geschädigte haben in der Vergangenheit Krypto-Gewinne nicht korrekt versteuert. Wenn nachträglich Gelder eingehen – etwa durch Rückzahlungen oder Vergleichsbeträge – droht eine strafrechtliche Relevanz nach § 370 AO.
Eine Selbstanzeige nach § 371 AO kann hier schützen, sofern sie vollständig und rechtzeitig erfolgt.
Erforderlich sind:
vollständige Offenlegung aller Wallet-Adressen,
Nachweise über Transaktionen (Exchange-Histories, E-Mails, Screenshots),
Berichtigung der letzten Steuerjahre.
Nach aktueller Fachliteratur (Feldle 2025, DStR 1192 ff.) ist eine Selbstanzeige auch dann möglich, wenn der ursprüngliche Betrug bereits zur Vermögensminderung führte – entscheidend bleibt der Zeitpunkt des tatsächlichen Rückflusses.
Neue Meldepflichten nach DAC7 und DAC8
Die Richtlinien DAC7 (seit 2024) und DAC8 (ab 2026) schaffen europaweite Transparenz bei Krypto-Transaktionen. Plattformen, Exchanges und Wallet-Provider müssen künftig sämtliche Kunden- und Transaktionsdaten an die Finanzverwaltung melden.
Das bedeutet: Rückzahlungen oder Entschädigungen über Plattformen werden automatisch erfasst. Das Verschweigen solcher Beträge ist künftig kaum mehr möglich.
Falschangaben können als Steuerhinterziehung durch Unterlassen (§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO) gewertet werden. Wer also nach einem Betrug Rückzahlungen erhält, sollte diese aktiv deklarieren, um Strafrisiken zu vermeiden.
Praxisbeispiel: Rückzahlung nach Plattformbetrug
Ein Anleger verliert 50 000 € durch einen Krypto-Betrug. Zwei Jahre später erstattet eine ausländische Plattform 10 000 €.
Steuerlich gilt: Die Rückzahlung stellt eine Schadensminderung dar – keine neue Einnahme. Der Verlust mindert sich rechnerisch um den erstatteten Betrag. Eine steuerpflichtige Einkunft entsteht nicht, solange die Rückzahlung den ursprünglichen Verlust nicht übersteigt.
Wird dagegen eine Entschädigung gezahlt, die über den Verlust hinausgeht (z. B. „interest bonus“), kann sie als Kapitalertrag gelten.
Forensische Dokumentation und Nachweis gegenüber dem Finanzamt
Bei Krypto-Rückzahlungen verlangt die Finanzverwaltung nachvollziehbare Beweise:
Wallet-Hash und Transaktions-ID (TX-Hash)
Screenshots aus dem Blockchain-Explorer
Kontoauszüge der Fiat-Rückführung
ggf. anwaltliche oder forensische Bestätigung
Eine saubere Dokumentation hilft, Rückzahlungen eindeutig als Schadensersatz einzuordnen und steuerliche Risiken zu vermeiden.
Fazit: Steuerliche Klarheit durch Transparenz und Dokumentation
Rückzahlungen nach Krypto-Betrug sind steuerlich nur dann relevant, wenn sie einen tatsächlichen wirtschaftlichen Zufluss darstellen. Echte Rückerstattungen sind meist steuerneutral, falsche „Recovery Scams“ dagegen keine steuerbaren Ereignisse.
Mit korrekter Dokumentation, rechtzeitiger Selbstanzeige und Beachtung der DAC7/DAC8-Pflichten lassen sich steuerliche Risiken vermeiden und Nachfragen der Finanzverwaltung sicher beantworten. Für rechtliche Beratung zur steuerlichen Einordnung siehe Crypto.com und DSGVO – Haftung und Auskunftspflichten.
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